Versprechen Gehalten? Der erste Entwurf des deutschen Cannabisgesetzes im Fokus

Peter Struck hat 1999 mal gesagt „Kein Gesetz verlässt den Bundestag so, wie es eingebracht wurde.“
Alle Hoffnung liegt nun darauf, dass es sich im Fall des Cannabisgesetztes genauso verhält, denn der Entwurf hat es in sich

Eine kurze Rückschau

Die Ampelkoalition aus SPD, Grüne und FDP haben im September 2021 ihren Koalitionsvertrag herausgebracht. Darin steht folgender Satz:

Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in
lizenzierten Geschäften ein.

Koalitionsvertrag 2021 – 2025, https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf aufgerufen am 10.05.2023

Die Hoffnungen waren riesig. Sollte die sinnlose Strafverfolgung, mehrheitlich zur Last der Konsumenten, endlich ein Ende haben? Das, was man die „Entkriminalisierung“ nennt war und ist Stand heute wohl der größte Wunsch der cannabisaffinen Einwohner dieses Landes. Dicht gefolgt von Dingen wie die Beendigung des Ersatzstrafrechts der sog. Führerscheinproblematik, die Autofahrern, denen man nicht-gelegentlichen Konsum einfach nur nachweist durch die Fürhrerscheinstelle den Führerschein streitig macht. Danach kommen Dinge wie Entstigmatisierung von Cannabis und alles, was damit zusammengehört und die Austrocknung unvermeidlicher Schwarzmarktstrukturen, die zwangläufig als eine Folge des Verbots anzuerkennen sind. Irgendwann danach kommt sicher auch der Eigenanbau, oder Homegrow.

In dem kurzen Satz steckt also viel drin. Zur Erinnerung: Die Ampel war gegen eine vorgezogene Entkriminalisierung – sie würde die Legalisierung gefährden. Außerdem würde man durch eine Zweiteilung der Gesetzgebung Kräfte benötigen, die man aber wegen der Komplexität des Vorhabens lieber bei der Erarbeitung des sog. „großen Wurfs“, also der vollständigen Legalisierung mit allem drum und dran, binden wollte.

Die vorzeitige Entkriminalisierung ist also erstmal vom Tisch. Über 200.000 Straftaten jährlich, die auch mit Eifer durch die Strafverfolgungsbehörden verfolgt werden, lässt man so nebenbei über jetzt bald 1,5 Jahre nebenbei weiterlaufen. Das sei nur im Hinterkopf zu behalten.

Wie kam es zu dem Entwurf?

Im Sommer 2022 hat der Sucht- und Drogenbeauftrage der Ampel Burkard Blienert dann zur Versammlung gerufen. Jede Organisation zwischen Strafverfolgung, Cannabislobby, Beschäftigte bei Cannabis-Unternehmen und Vertreter aus Ländern mit legal beziehbarem Cannabis wurde eingeladen mitzudiskutieren. Zusätzlich gabs nochmal einen Ausflug nach Kanada und in die USA um sich das ganze mal live anzusehen. Die EU, so hieß es, stehe dem Ganzen wohlwollend gegenüber – ein Durchmarsch so schien es. Und man versprach: Ende Oktober gibt’s den Referentenentwurf. Jubel, Hoffnung, Investoren die Millionen einsammeln um das Amazon für Cannabis zu gründen, Goldgräberstimmung!

Nun gut, der Referentenentwurf entpuppte sich als Eckpunkte. Und, naja, die EU mag keine Eckpunkte. Man versprach nachzubessern und bis Ende 2022 den Referentenentwurf rauszuhauen. Der kam dann Ende Q1 2023. Aber wieder als Eckpunkte. Der erste „richtige“ Entwurf war am 28.04.2023 fertig. Lauterbach twitterte folgendes an dem Tag:

Tweet von Karl vom 28.04.2023

Diese Version vom 28.04.2023 liegt nun vor. Dazu sei gesagt: Es ist nur der Entwurf, der zur Diskussion steht. Aber ich denke es ist wohl und richtig anzunehmen, dass dieser Schrieb nur die Baseline darstellt um die Beschränkungen, die die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken erhält, zu diskutieren.

Das ist bitte beim aktuellen Stand der Dinge am 10.05.2023, der Herausgabe dieses Beitrages zu berücksichtigen.

Diskussion des Entwurfes

Ziele

Das Gesetz beginnt typischerweise mit dem Ziel der Gesetzesinitiative:

Das Gesetz zielt darauf ab, zu einem verbesserten Kinder- und Jugendschutz sowie
einem verbesserten Gesundheitsschutz beizutragen, die cannabisbezogene
Aufklärung und Prävention zu stärken sowie den illegalen Markt für Cannabis
einzudämmen. Zum Schutz von Konsumentinnen und Konsumenten soll die Qualität
von Cannabis kontrolliert und die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert
werden.

§1, Ziele

Stimmen aus der Cannabiscommunity werden hier die Erwähnung der Beendigung des Jahrzehnte langen Unrechts vermissen, die kein Ziel dieser Gesetzgebung sein soll. Die Entkriminalisierung wird auch in diesem Gesetzesentwurf nicht wirklich vorgenommen, sondern auch nur die Pfeiler verschoben. Ob man den Schwarzmarkt irgendwie eindämmen können wird bleibt bei den Restriktionen dieses Gesetzes fragwürdig. Aber zur Sache.

Der Eigenanbau – mehr oder weniger

Der für mich wichtigste Punkt ist natürlich die Regelung des Homegrows mit Allem, was dazugehört. Diese werden im Dokument in §8 beschrieben:

Personen ab 18 Jahren ist […][die] Erzeugung von insgesamt bis zu drei weiblichen
blühenden Pflanzen pro Kalenderjahr
zum Zwecke des Eigenkonsums von Cannabis
[…] erlaubt.

§8 (1), Anforderungen an den privaten Eigenanbau

Wie jeder Grower weiß, ist die Reduktion auf drei Pflanzen jährlich eine sehr dürftige Regelung. Jeder Anreiz in den eigenen vier Wänden nachhaltig einen größeren persönlichen Bedarf zu produzieren ist hiermit passé. Auch die zeitliche Einschränkung auf ein Kalenderjahr, anstatt jeweils 3 blühende Pflanzen vorrätig haben zu dürfen ist nicht hilfreich, wird aber dazu führen, dass Grower was ihren Platzbedarf angeht sehr kreativ werden – was Sparsamkeit bzgl. elektrischer Energie angeht, eher nicht. Laut Begründung orientiert man sich hier am Durchschnittskiffer:

Die Zahl der zulässigen Pflanzen gilt für jede volljährige Person eines Haushalts und
orientiert sich an der durchschnittlichen für den Eigenkonsum eines Erwachsenen benötigten Menge an Cannabis.

§8 (1), Anforderungen für den Eigenanbau, Kindersicherungen

Welche Zahlen da zu Grunde liegen ist nicht bekannt. Schätzungen der bekannten Studie von Prof. Haucap, die in dem Zusammenhang gerne zitiert wird kommt auf Zahlen zwischen 39 und 148 Gramm im Jahr, die eine sehr große potentielle Streuung implizieren. Jeder Konsum über dieser Grenze wird direkt kriminalisiert.

Studie von Prof. Justus Haucap, Ordnungspolitische Perspektiven – Fiskalische Auswirkungen einer
Cannabislegalisierung in Deutschland: Ein Update, S. 20, aufgerufen am: 10.05.2023

Über eine Analyse der jährlichen Canadian Cannabis Survey kommt man hingegen zu dem Schluss, dass eine Orientierung um den Durchschnittswert viele Konsummuster nicht abbilden würde und viele Konsumenten sich womöglich wieder illegalen Handlungen hingeben um sich zu versorgen. Jeder, der an 3-4 Tagen in der Woche konsumiert ist unter Umständen davon betroffen – in Kanada also immerhin 36% der Konsumenten.

Konsummuster der kanadischen Bevölkerung aus Canadian Cannabis Survey 2022, aufgerufen am 10.05.2023

Weiterhin kann man in Kapitel 7, Abschnitt 1, §41, anschauen, was uns als Homegrower bei Verstoß blüht:
Es ist nämlich keine Ordnungswidrigkeit, sondern eine Straftat mehr als drei weibliche Pflanzen im Jahr anzubauen:

Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer […]

2. unerlaubt mehr als drei weibliche Pflanzen anbaut

3. unerlaubt […] eine Jahresernte von mehr als drei Cannabispflanzen besitzt.

[…]

$4, Grundtatbestand

Zum Vergleich: Das BtmG sah hier fünf Jahre oder Geldstrafe vor, eine Entkriminalisierung sieht anders aus.
Strafbewehrt ist auch die Abgabe von Eigenanbau, wenn man diesen nicht unmittelbar gemeinsam konsumieren möchte.

Die Liberalisierung ist so eng gefasst, dass selbst das Mitbringen von Homegrow zum gemeinsamen Kiffen hier gesetzlich geregelt werden muss. Auch an Forderungen für Sicherheitsmaßnahmen mangelt es nicht.

Wer privaten Eigenanbau betreibt, hat erzeugtes Cannabis und
Vermehrungsmaterial durch geeignete Maßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen vor dem
Zugriff durch unbefugte Dritte sowie durch Kinder und Jugendliche zu schützen.

§8 (4), Anforderungen an den privaten Eigenanbau

Was das genau bedeutet wurde dann in den Begründungen auf Seite 55 verankert. Dort heißt es:

[…] Geeignete Maßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen umfassen
die Sicherung von Grow-Boxen und sonstigen Anbauvorrichtungen oder -flächen durch
mechanische oder elektronische Verriegelungsvorrichtungen und die Verwahrung des
geernteten Cannabis in kindersicheren Behältnissen oder gegen Zutritt bzw. Zugriff
gesicherten Räumen
oder Schränken.[…]

Begründungen für §8 (4), Anforderungen für den Eigenanbau, Kindersicherungen

Selbst für die Aufbewahrung von giftigen Chemikalien wie einigen Waschmitteln oder starke Alkoholika, geschweige denn Zigaretten gibt es keine solch weitreichende Regelung. Bei 14500 Jugendlichen, die im Jahre 2021 wegen einer Alkoholvergiftung behandelt wurden eine wenig glaubwürdige Forderung, da frisches, nicht-getrocknetes Cannabis wenig aktiven Wirkstoff enthält. Auch der Anbau von Engelstrompeten, blauer Eisenhut o.Ä. Pflanzen mit akutem Vergiftungsrisiko wird vom Bundesamt für Risikobewertung mit dem Hinweis versehen, dass man diese „nicht im Haus oder Garten haben sollte“ wenn Kinder klein sind und sind nicht strafbewehrt. Selbst der Eigenanbau von Opium (Schlafmohn) und Tabak sind in der Hinsicht weniger restriktiv geregelt. Schlafmohnanbau haben in Deutschland etwa 30 Personen angemeldet, dieser ist auf 10 qm gestattet und wird nicht mit einer maximalen Pflanzenanzahl versehen. Bei Tabak gibt es eine ähnliche Eigenbedarfsregelung wie bei Cannabis im Entwurf, jedoch fehlt hier komplett eine entsprechende Obergrenze – aber auch hier ist die Weitergabe an Dritte untersagt, jedoch ist ein durchkommerzialisierter Verkauf nebenbei gesetzlich geregelt, bei Cannabis hingegen nicht.

Die lebendige Cannabis-Grower Community lebt vom Austausch. Wir tauschen Kultivare in Form selbst hergestellter Samen, viel mehr aber noch selektierte Stecklinge, die in mühevoller Arbeit aus regulärem Saatgut erzeugt, ausgewählt und in der Rotation gehalten werden. All das kostet viel Arbeit, Lebenszeit und ist mit Einschränkungen verbunden – nicht nur durch eine fortwährende Bedrohung durch eine weiterhin bestehende Kriminalisierung. All das ist auch nach einer angeblichen Entkriminalisierung verboten, denn:

Cannabis und Vermehrungsmaterial aus dem privaten Eigenanbau dürfen vorbehaltlich der Regelung in Satz 2 nicht an Dritte abgegeben werden. Die unentgeltliche, nicht-gewerbliche Abgabe von Cannabis aus dem privaten Eigenanbau an Personen ab 18 Jahren im Bereich der Wohnung oder des befriedeten Besitztums zum unmittelbar auf die Abgabe folgenden gemeinschaftlichen Eigenkonsum ist zulässig.

§8, (5) Anforderungen an den privaten Eigenanbau

Stecklinge weitergeben sei verboten und die Ernte teilen sei nur erlaubt, wenn man sich in Privaträumen zum unmittelbaren Konsum trifft, was wohl die politisch-holprige Beschreibung einer gediegenen Sesh sein soll. Es geht sogar soweit, dass man mit viel blumigen und langweiligen Worten den Charakter einer schönen Cannabis-Session weiter ausführt:

[..] sieht in engen Grenzen eine Ausnahme hiervon für den gemeinschaftlichen Eigenkonsum unter Erwachsenen vor: Wird im privaten Eigenanbau erzeugtes Cannabis im Haushalt der erzeugenden Person an Erwachsene wie etwa Freunde oder Bekannte abgegeben, um es zeitlich unmittelbar im Anschluss in- oder außerhalb der Häuslichkeit des Erzeugers gemeinsam zu konsumieren, oder wird solches Cannabis im Haushalt der erzeugenden Person zum gemeinsamen Konsum dargereicht, so ist eine solche Abgabe straffrei.

Begründung zu §8 (5)

Das völlige Ausblenden oder die Unkenntnis einer lebendigen Grower-Community wird generell bei den Restriktionen beim Thema Eigenanbau sehr deutlich. Klar ist es Unsinn, dass man sich als Winzer davor hütet seine Kinder mit seiner Tätigkeit zu konfrontieren – von Gärtnern für Cannabis hingegen wird es gesetzlich eingefordert. Nicht nur das: jede Form des Phenohunts, also die selbstständige Suche nach wertvollen Ausprägungen exotischer Kreuzungen von Cannabisgenetiken wird durch die Restriktionen der Pflanzenanzahl komplett verboten! Schon heute machen sich viele Grower in Deutschland die Mühe mit hunderten von Samen würdige Mutterpflanzen zu selektieren um die Cannabiskultur mit immer neuen Terpenvariationen zu begeistern. Nach dem Willen der Ampel in dem aktuellen Stand hier ist nichts davon im Privaten gestattet. Man wäre angewiesen auf das Saatgut und die Arbeit der CSCs und handelt illegal, sollte man es wagen es trotzdem zu versuchen.

Cannabissorten sind vergänglich und überleben manchmal überleben Sorten nur wenige Generationen. Das jeweilige Bouquet ist einzigartig. Cannabis-Treffen sind gezeichnet vom gegenseitigen Austausch von Gerüchen. Man ist kaum in der Lage bei der Auswahl alles auszutesten. Es ist absolut vergleichbar mit einem Wein-Tasting oder einem Abend mit verschiedenen Whiskey-Sorten – nur ohne Nervengift und meiner Ansicht nach deutlich variantenreicher und intensiver.

All das soll niemals stattfinden oder eine offene und stolze Szene entwickeln. Man soll an die Theke des CSCs gehen und sich möglichst nach Hause entfernen oder auf die Abendstunden ausweichen.

Konsumorte sind vom Gesetzgeber garnicht wirklich explizit erwähnt worden. Da das Nichtraucher-Schutzgesetz existiert, ist es wohl angedacht, dass eventuell Raucherkneipen eine Heimat für Kiffer sein werden. Absurd. Up

Was vom CSC übrig bleibt

Das „S“ zumindest nicht. Das war sogar netterweise einer der ersten „Leaks“ in der BPK von Karl Lauterbach und Cem Özdemir zum Gesetzesentwurf, den ich hier gerade diskutiere. Die Rede war von Cannabis Clubs und schon damals wurde darüber klar, dass die Räume des Vereins, nach Ansicht der Gesetzgeber, keine Konsumräume darstellten.

Hol dir eine Erlaubnis – 7 sollt ihr sein

Dafür musst du nur deinen Verein in einem Vereinsregister anmelden. Das geht erst ab 7 Mitgliedern, was wohl dann auch die minimale Mitgliederzahl des CSC definiert. Alle Vorstände und sozialversicherungspflichtig Anstellten Personen müssen der zuständigen Behörde bekannt gegeben werden und ein Führungszeugnis der Vorstände an die Behörden gesendet werden.

Es soll außerdem abgeschätzt werden wieviel Cannabis pro Jahr gestaffelt nach Darreichungsform benötigt werden.

Sicherungs- und (Jugend-)Schutzmaßnahmen sowie eine Person, die spezifische Sucht- und Präventionsberatungskenntnisse aufweist müssen vorhanden bzw. dargelegt werden. Außerdem muss die Satzung eingereicht werden. Danach sollte man 3 Monate nach Eingang der Dokumente eine Rückmeldung erhalten.

Gründe, warum du keinen CSC gründen kannst

Wenn du geschäftsführender Vorstand sein willst, darfst du in den letzten fünf Jahren keine nennenswerte Straftat begangen haben (Verbrechen, Unterschlagung, Erpressung, Hehlerei, Geldwäsche, JSchG, CannG, BtmG), nach der du rechtskräftig verurteilt wurdest.

Weiterhin ist eine Erlaubnis zu versagen, wenn

Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass ein […] Mitglied des […] Vorstands […] zu einem missbräuchlichen Konsum von berauschenden Mitteln neigt oder von ihnen abhängig ist, psychisch krank […] oder befürchten lässt, dass es oder sie dem missbräuchlichen Konsum von Cannabis Vorschub leisten […]

§10, Versagung der Erlaubnis

Wer das wie definieren soll bleibt offen. Auch Planungssicherheit ist vorerst nicht gegeben, da die Erlaubnis alle 5 Jahre neu beantragt werden muss.

CSCs werden nicht das sein, was du denkst

Meine romantische Vorstellung eines CSCs sieht eigentlich vor, dass um die 30% der Mitgliederinnen und Mitglieder am gemeinschaftlichen Anbau beteiligt sind und alle Vorstellungen des Vereinsbedarfs abdecken: Von WPFF-Hash-Rosin aus in living-soil gegrowten Edelselektionen bis auf Masse produzierte White Widow High Yielder in crazy autofeeding Setups hab ich da alles gesehen. Auch die Tante mit dem grünen Daumen sollte ihre 30g alle drei Monate bei uns lassen können, wir machen was draus. Kekse, Gummibärchen, Vape-Pens, Extrakte, Blüten, Sift – es wäre alles da gewesen, man muss uns nur machen lassen.

Das sieht erstmal schlecht aus: Clubs müssen jederzeit nachweisen, welche Sorten in Form von Stecklingen oder Samen, man woher bekommen hat, wieviel Cannabis sich gerade in den Anbauräumen befindet und an welche Mitglieder man welche Mengen Cannabis abgegeben hat.

Hier stellt sich die Frage, ob man diese Daten nicht sowieso pseudonymisiert dem Anbaurat zur Verfügung stellt um eine weitere Planung vorzunehmen, allerdings darf niemals irgendwo eine Klarnamen Zuordnungen zwischen Konsumenten und abgegebener Menge stattfinden!

Man soll außerdem jährlich bilanzieren wieviel Cannabis produziert, abgegeben und vernichtete worden ist. Ganz kurz fällt auch der Satz, dass der THC und CBD Gehalt anzugeben ist. Das setzt voraus, dass man neue Strains unter Umständen batchweise testen muss. Somit ist der Mini-Grow von der Tante mit den 30g variablen, feminisiertem Saatgut vielleicht gar nicht mehr so attraktiv, wenn die Tests teuer sind. Das führt dazu, dass der Club eher wenige und dafür größere Anlagen unterhält und diese mit bekannten Genetiken versorgt,

Amüsant ist die Begründung für die folgenden Sichtschutzmaßnahmen:

Anbauvereinigungen haben Cannabis […] gegen den Zugriff […] insbesondere durch Kinder und Jugendliche, zu schützen.
Räumlichkeiten […] in […] denen Cannabis […] erzeugt […] wird, sind durch Umzäunung, einbruchsichere
Türen und Fenster oder entsprechende Schutzmaßnahmen gegen Wegnahme und unbefugtes Betreten zu sichern.

§17 (1) Sicherungs und Schutzmaßnahmen

Die Begründung:

Die verpflichtenden Schutzmaßnahmen umfassen auch den optischen Schutz von Erzeugungsorten, um keine Konsumanreize insbesondere für Kinder und Jugendliche zu setzen.

Begründung zu §17

Alleine der Anblick von Cannabis verführt die Jugend zur Kifferey! Herrje. Man stelle sich vor der Anblick von Bier oder Kippen verführe zum Konsum. Was da los wäre. Die CSCs sollen darüber hinaus prüfen, ob ein Neumitglied nicht schon Mitglied in einem anderen CSC ist. Es ist mir schleierhaft, wie man das anstellen wollen würde, ohne zentrales Kiffer-register. Und das kann niemand wollen. Oder…? :‘)

Wo kann ich denn jetzt kiffen?

Schwer zu sagen. Auf jeden Fall bei dir zuhause. Aber vielleicht nicht direkt neben der Schule oder dem Kindergarten? Man soll von Kindern und Jugendlichen frequentierten Orten 250 Meter Abstand halten. Und von der CSC-Ausgabestelle ebenso. Die Mindestabstände kann in rückwärts gewandteren Bundesländern auch noch anders gehandhabt werden. Außerdem soll es etwa einen Club pro 10.000 Einwohner einer Kreisstadt geben.

Probleme wird die Abstandsregelung ohnehin machen, da von einer Stadt nicht viel übrig bleibt, wenn man um jede Schaukel, jede KiTa, jede Schule und jeden Fußballplatz Kreise mit 250m Radius von Konsumenten freihalten muss. Jemand muss mir auch noch mal erklären, warum ich nicht direkt neben einer KiTa mein Club-Cannabis in Plain-packaging abholen kann, wenn ich mich danach sowieso erstmal 250m weit weg bewegen muss.

Die Begründung für die 250m habe man sich aus Malta angeschaut – dem Malta, dass legale CSCs eingeführt hat, diese aber so restriktiv behandelt, dass dort trotz legaler Möglichkeiten noch keine aktive CSC Kultur entstanden ist. Wohl auch wegen zu harter Regulierungen.

Wer legal kiffen oder anbauen will muss einiges preisgeben

Die Behörde will aufgeschlüsselt nach Ort, Straße, Hausnummer die Lage und Größe der Anbauflächen wissen. Alle Mitglieder, die Zugang zu Seeds oder Cuts haben sollen mit Name, Anschrift, etc. bei der Behörde angemeldet werden. Ich denke, ich kenne kaum einen Grower, der das in der ersten Zeit machen würde.

Die Grower müssen zu dem regelmäßige Kontrollen zulassen und Stichproben der Kultivare zur Qualitätssicherung schicken. Welche Kosten das verursacht ist derzeit noch relativ unklar.

Am Ende sehe ich ein Zentralregister der Konsumenten, sortierbar nach Konsummuster und Auflistung aller mit der Versorgung und dem Grow beschäftigten Menschen. Von keinem anderen vergleichbaren Konsumgut will man derartige Daten wissen, abgesehen von den Herstellungsorten, die bei Bier und Wein wohlbekannt sind.

Fazit

Es steht noch viel mehr auf den 93 Seiten dieses Entwurfs. An einer Stelle kann man zitieren:

Von Suchtcannabis ist Cannabis zu medizinischen Zwecken abzugrenzen.

Begründung zu §28 (1)

Die fehlenden Angaben und Fußnoten zeugen davon wie wenig zur Zeit fest zu stehen scheint was die erste Säule angeht. Aber als Baseline für die Diskussion reicht es allemal. Und es ist eine Ohrfeige für all Jene, die sich schon als Besitzer eines kleinen Weed-Shops gesehen haben oder einfach nur entspannt das coole Vereinsleben genießen wollen. Es ist an keiner Stelle reflektiert, dass sehr viele Passagen hier nach wie vor eine Menge Raum Strafverfolgungsmaßnahmen offen lassen, von denen man sich an vielen Stellen einfach nicht trennen konnte. Die Streichung aus dem BtmG ist den Tip-Ex nicht wert, da viele Passagen etwas abgemildert direkt ins neue CannG eingefügt werden. Es bleibt auf jedenfall einiges zur Diskussion.

5 Gedanken zu „Versprechen Gehalten? Der erste Entwurf des deutschen Cannabisgesetzes im Fokus“

  1. Die Erwähnung des Bundessortenamt im Entwurf bereitet mir Kopfschmerzen.
    Man muss sich nur anschauen, welche Probleme bereits Tomatenzüchter haben, wenn sie ihre Züchtungen kommerziell anbieten möchten.
    Natürlich sind die Kriterien für eine Zulassung noch nicht klar und es könnte weniger restriktiver werden
    Aber wie lange wird diese Amt alleine für die Ausarbeitung der Kriterien brauchen?
    Erst Recht, wenn es sich um „Suchtcannabis“ handelt.

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  2. Sehr gut zusammengefasst, was die Leute aus dem Referat „Sucht und Drogen“ sich da zusammengesponnen haben. Ich denke, einige der Restriktionen, die enthalten sind, sind entweder praxisfern, sind rechtswidrig oder stehen der freien Entfaltung der Persönlichkeit innerhalb eines geordneten Vereinslebens entgegen.

    Wie Du ganz gut darstellt – woher soll man wissen, wo es keine Bannkreise gibt? Gilt da auch jede Bushaltestelle, weil da täglich Kinder ein- und aussteigen?

    Das Papier – das ja eigentlich Entkriminalsiierung und Eigenanbau für Erwachsene regeln soll, ist durchsetzt von einem hysterischen Gedanken, Jugendliche um jeden Preis vom Kontakt fern zu halten. Das hat selbst das Totalverbot nicht geschafft, warum versucht man das jetzt auf dem Weg? Kinder und Jugendliche SOLLEN meiner Meinung nach mit einem normalen Verhältnis zu Cannabis als Genussmittel und der Genusskultur aufwachsen.

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