Toxische Persönlichkeiten in Grower Communities

Cannabisgrower sind ein sehr eigenes Völkchen. Die Prohibition von Cannabis auf dem ganzen Planeten hat zu sehr interessanten Ausprägungen des Hobbies geführt, insbesondere dem Indooranbau und der Tatsache, dass man im realen Leben außerhalb des Internets nur selten Leute trifft, die offen über ihre Anbauerfahrung sprechen. In diesem Beitrag versuche ich ein wenig zu sortieren worauf man sich einlässt, wenn man sich dieser speziellen Riege der Gärtnerinnen und Gärtner anschließen will.

Wie wird man ein Homegrower?

Spannende Frage, auf die es genauso viele Antworten zu geben scheint, wie es Growerinnen und Grower gibt. Faktisch kann hier jeder eine ganz eigene Geschichte erzählen. Bei mir war es zunächst einfach Geld und Neugier.
In unserer WG, die ich mit 24 bewohnt habe, stellte sich die einfache Frage, ob es nicht ökonomisch sinnvollere Wege gibt an Cannabis zu kommen, als den Ticker, der einmal wöchentlich für etwa 100 € mittelmäßige Blüten hinterlässt. Macht auf den Monat gerechnet 400 € – schon damals ziemlich happig für ein paar Studenten. Nach Amsterdam bin ich zu dem Zeitpunkt noch nie gekommen. Also ab ins Internet und recherchiert und schon ist man irgendwie mitten im Thema – und auch wieder nicht.

Das Plateau der Zufriedenheit

Wie findet man überhaupt raus, wie das alles geht mit dem Eigenanbau? Das allwissende Internet war auch damals schon voll von Informationen, Anleitungen, Grow-Reports, Foren, PDFs und Büchern zum Download. Die Anleitungen für Neulinge sind oft nicht konsistent und widersprechen sich einander bis heute und da alteingesessene Profis oft nicht die besten sind anzuerkennen, dass sie von einem persönlichen Standpunkt her argumentieren, bleibt man sehr oft auf diesen Informationen sitzen. Der einzige Weg schien mit einfach irgendwie anzufangen.

Also holt man sich Listen für Equipment, vergleicht auf amazon und kauft sich ein Sammelsurium an Gegenständen, die man vorher noch nie besessen hat, ohne Ahnung von den jeweiligen Spezifikationen oder Details, die ein Produkt „gut“ oder „weniger gut“ machen.
Nach den ersten Gehversuchen ist man dann meist etwas schlauer und gerät typischerweise zwischen den Ernten in eine Art Optimierungsspirale. Diese Spirale endet über kurz oder lang auf dann einem Plateau der Zufriedenheit: Der Grower ist mit der Anbaumethode, seinen Geräten und Produkten zufrieden und bleibt dabei – weil das Produkt zufriedenstellend für den persönlichen Geschmack des Anbauers ist.

Mein persönliches Beispiel für das Plateau der Zufriedenheit bei Indoorbeleuchtung: Ich habe mit einer Hocheistungs-Energiesparlampe (CFL) angefangen und bin danach, nach eher durchwachsenen Ergebnissen, auf billige Amazon-LEDs (Blurple) umgestiegen, um direkt beim nächsten Run eine weitere Blurple zu kaufen. Danach habe ich mich wirklich mit den Grundlagen der photosynthetischen Lichterzeugung und Ausbeute auseinandergesetzt und sechs Monate recherchiert, bis ich meine eigene LED aus Einzelteilen gebaut habe. Seitdem bin ich großer Fan von guten, nicht selbst gebauten LEDs, die keine tiefen Krater in die Geldbörse reißen und verlässlich funktionieren. Ich kann auch Nachfrage auch mathematisch fundiert argumentieren, warum das ein guter Weg ist.

Mein persönliches Beispiel für das noch nicht erreichte Plateau der Zufriedenheit bei Düngermethoden: Ich habe bisher etwa 8-10 verschiedene Düngermarken ausprobiert. Also noch nie selbst eine „Super-Soil“ angemischt oder selbstständig mineralische Basisdünger angesetzt. In den Jahren trifft man Grower, die auf einen sehr viel differenzierteren Erfahrungsschatz zurückgreifen können und deren Meinung ich sehr schätze. Einige davon sind vom mineralischen, wieder zurück zur Erde und einer an der Natur orientierten Methode. Hier habe ich mein Plateau offenbar noch nicht gefunden. Überzeugte Anwender organischer Düngermethoden verweisen gerne auf bessere oder klarere Terpenprofile – etwas, dass ich für mich noch entdecken muss und eine Frage, die sich nicht jeder Hobbygrower überhaupt stellt.

Viele Grower verwechseln dieses Plateau nur allzu oft mit einem Optimum oder Maximum und schließen daraus, dass ihre Anbauphilosophie und Methodik „besser“ oder „angemessener“ sei den Vorgang des Cannabisanbaus in Innenräumen durchzuführen. Einige gehen sogar soweit ihr Plateau mangels Selbstreflexion aggressiv in den o.g. Foren usw. zu verteidigen. Da liest man dann unfundierte Annahmen zu living-soil Operationen, die als stinkender, Komposthaufen und Regenwurmzucht in Zelten nichts zu suchen hätten oder naturverbundene Jünger, die kein Problem damit haben unfassbare Mengen elektrischer Energie als Photonen in ihr Zelt zu pumpen, aber gleichzeitig davon sprechen ihre Ladies niemals mit nicht-nachhaltigen vorgemischten Düngern auf mineralischer Basis (CHEMIE!) „zwangszuernähren“.

Keine Regeln beim Cannabisanbau

Klar ist wohl, dass die meisten Homegrower die Trichome auf den weiblichen Blütenständen bzw. Knopsen der Pflanze ernten wollen. Viele als getrocknete Blüten, andere verarbeitet oder weiterhin extrahiert. Auch hier kann man eine ganze Reihe an Diskussionen führen, wobei bei der Lieblings-Konsumform die Fronten weniger verhärtet scheinen, da hier der Individualismus des Konsumenten mehr oder weniger anerkannt wird.
Wie du an deine Trichome kommst, ist aber so eine Sache. Klar ist, dass die Pflanze dafür Photosynthese betreiben muss. In welcher Form, du die Pflanze bei diesem Akt der Energieumwandlung unterstützen willst definiert deinen Anbaustil, wobei hier viel persönlicher Geschmack reinspielt – und darüber lässt sich bekanntlich wenig streiten.

Willst du Indoor oder Outdoor anbauen? Kannst du dich überhaupt für das eine oder das andere entscheiden, oder bist du durch deine Wohnsituation eingeschränkt? Welches Licht willst du verwenden? Wieviel Budget hast du zur Verfügung? Wieviel Cannabis willst du eigentlich anbauen? Ist dir Ertrag wichtiger als Geruchs- bzw. Geschmacksprofile oder geht es dir eher um viel THC? Willst du auf organischer, mineralischer, fester oder flüssiger Düngerbasis anbauen und hast du überhaupt die Kompetenz, dich fundiert für das eine oder andere zu entscheiden? Magst du invasive Anbautechniken, biegst und beschneidest gerne deine Pflanzen, oder lässt du sie lieber in Frieden? Willst du in einem Zelt oder einem selbstgebauten Schuppen oder umgebauten Zimmer anbauen? Willst du deinen eigenen Kompost herstellen und verwenden oder nimmst du lieber vorgefertigte Produkte, die man untermischen kann? Willst du mehrere kleine Pflanzen oder eine große anbauen? Sollte man deiner Meinung nach überhaupt elektrische Energie für Pflanzenanbau verwenden müssen?

Es gibt keinen Königsweg beim Anbau

All diese Fragen da oben möge jede Gärtnerin und jeder Gärtner für sich beantworten. Vor allem diejenigen, die schon lange dabei sind und eine für sie funktionale Methode für sich auserkoren haben können sich hier schnell definieren. Wichtig ist anzuerkennen, dass die eigene Methode nur eine von vielen ist, die für dich und vermutlich auch andere speziell funktioniert und mit der du dich wohlfühlst.

Einige machen so, andere machen so. Respekt vor der Pflanze und ein wenig Zurückhaltung bei Diskussionen zu Methoden, die man selber noch nicht ausprobiert hat, nicht ausprobieren kann oder will, sollten demnach zu jedem guten Ton in einer Debatte um das Thema oberstes Gebot sein. Vorurteile bezüglich „Zwangsernährung“ oder „Wurmzucht“ in Innenräumen sollten abgebaut und durch eine gesunde Neugierde oder Distanz ersetzt werden, wenn man dem Thema wenig geneigt ist.

Backseatgrowing und Gatekeeping

Ignoriert man diese Prinzipien ist man auf dem besten Weg zu einem sehr anstrengenden Teil der Community zu werden. Backseatgrower sind quasi die Fernseh-Fußballtrainer unter den Gärtnern: Sie geben dir Hinweise und Anregungen, machen Vorgaben und Optimierungsvorschläge wo keine hingehören. Du wagst es in deinem Zelt unter einer extrem teueren SanLight LED billige Automatic Sorten zu growen? Der entsprechende Backseatgrower wird es dich wissen lassen. Du postest stolz online ein Foto wo deine Ernte etwas kümmerlich aussieht, ohne nach Hinweisen und Hilfen zu fragen? Der Backseatgrower gibt sie dir trotzdem – und zwar nur aus der Sicht seines eigenen Plateaus der Zufriedenheit. Denn womit der Backseatgrower zufrieden ist, damit hast auch zu leben.

Gatekeeper sind die prätentiösen unter den Growern: Du willst living soil anmischen, nutzt aber nicht ausschließlich die Bio-Abfälle die in deinem nachhaltigen Garten anfallen? Shame on you, man wird dich aus der Community ausschließen, bis du aufhörst vorgemixte Amendments zu kaufen. Du willst alles aus deinen Pflanzen rausholen und nutzt dafür gerne mineralische Dünger auf 100% Coco und Leitungswasser als Grundlage? Wie kannst du nur! Nur wer auf Umkehrosmose beim Wasser setzt, darf sich Gärtner schimpfen.
So geht das dann in einer Tour: Fem.Grower vs. Phenohunter, Autos vs. Photos, Indoor vs. Outdoor, mineralisch vs. organisch (oder eine Mischung, da platzt dem Nutrition-Gatekeeper der Kopf), LED vs. NDL, Ertrag vs. Geschmack, Neulinge mit Pflanzen auf dem Fensterbrett vs. Vollautmatisierte Raumschiff-Zelte mit Selektionen aus dem Finetuning der Terpenprofilerzeuger.

Fazit

Sollte man jetzt also gar nicht mehr diskutieren?
Das ist natürlich auch Quatsch, aber es ist sinnvoll den eigenen Standpunkt zu reflektieren. Denn der kommt ja nicht von alleine sondern hatte irgendwann in der Vergangenheit mal eine Grundlage. Vor allem, wenn gewisse Methoden oder Equipment noch nie ausprobiert worden sind oder man weniger über wissenschaftliche Quellen, sondern mehr von anderen Gatekeepern und Backseatgrowern an seine Meinung gekommen ist, wird man schnell selber zu einem. Sei aufgeschlossen, neugierig und akzeptierend. Und sei dir im Klaren, dass es so viele Möglichkeiten und Wege gibt an sein Cannabis zu kommen, dass du nur sehr wenige Menschen da draußen alles wirklich selber ausprobiert haben oder ein entsprechendes Studium vorweisen um von vornherein Urteile fällen zu können.

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